Klaffende Lücke im Wahlkampf: Klima-Irrtum „haben viele noch nicht verstanden“, warnt Experte
Klaffende Lücke im Wahlkampf: Klima-Irrtum „haben viele noch nicht verstanden“, warnt ExperteDas Thema Klimawandel kommt vielen im Wahlkampf zu kurz. Volker Quaschning zufolge hat das sehr einfache Gründe.Von Philipp Rall – 2025-02-18T16:41:19+00:00Die meisten Menschen erkennen den Klimawandel an, aber viele fühlen sich machtlos. Sie denken, nichts bewirken zu können. Dieses Denken ist ein globales Problem: Die Menschen wollen Lösungen, aber ohne persönliche Einschränkungen. Klimaschutzaktivistinnen und -aktivisten betonen oft die nahende Katastrophe, doch das kann nach hinten losgehen. Angst führt oft zu Verdrängung oder Resignation statt zu Handeln. Auch im Wahlkampf macht sich das immer wieder bemerkbar.Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft , meint, es helfe nicht, nur vor der Klimakatastrophe zu warnen. Manche Menschen lehnen die Botschaft ab oder suchen sich alternative Erklärungen, so der Ingenieurwissenschaftler in einem aktuellen Video auf LinkedIn.„Die Menschen denken in erster Linie an ihr eigenes Wohlergehen“, konstatiert Quaschning. „Das meine ich ganz ohne Wertung. Denn viele haben es schwer und haben andere Sorgen als auch noch das Weltklima zu retten.“ Er vergleicht das mit politischen Entscheidungen, bei denen wirtschaftliche Versprechen oft mehr Gewicht haben als moralische Bedenken. Das zeigt sich jedoch nicht nur am Beispiel des „notorischen Lügners“ Donald Trump, sondern auch im deutschen Wahlkampf.Klimaschutz müsse daher attraktiv und finanziell lohnend sein. Erneuerbare Energien sind bereits die günstigste Option. Solarstrom ist billiger als fossile Energiequellen. Die Preise für Batterien sinken weiter. Wärmepumpen bieten Möglichkeiten zum Heizen und Kühlen und sparen langfristig Geld. Elektroautos sind häufig leistungsstärker als Verbrenner und werden bald günstiger in der Anschaffung sein.Auch interessant: Elektroautos vs. Verbrenner: ADAC kürt klare SiegerDer .de-NewsletterHol dir die spannendsten News aus der Tech- und Science-Welt direkt in dein Postfach.Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu. Eine Abmeldung ist jederzeit über einen Link im Newsletter möglich.Laut einer Analyse des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme aus dem Jahr 2024 liegen die Stromgestehungskosten für Photovoltaik -Freiflächenanlagen in Deutschland zwischen 4,1 und 9,2 Cent pro Kilowattstunde . Im Vergleich dazu betragen die Stromgestehungskosten für potenziell neu zu errichtende Kohlekraftwerke aufgrund steigender CO₂-Zertifikatspreise über 15 ct/kWh. Für neue Braunkohlekraftwerke werden Kosten zwischen 15,1 und 25,7 ct/kWh angegeben. Strom aus Kernkraftwerken fiel mit bis zu fast 50 ct/kWh mit großem Abstand am teuersten aus.Batteriezellen erreichten der Nachrichtenagentur Reuters zufolge im September 2024 ein Rekordtief, vor allem wegen sinkender Rohstoffpreise für Lithium und Kobalt. Lithium-Eisen-Phosphat -Zellen sanken um 20 Prozent auf 59 US-Dollar pro Kilowattstunde , einige sogar auf 50 US-Dollar pro kWh. Nickel-Kobalt-Mangan -Zellen fielen auf 68,6 US-Dollar pro kWh, ein Rückgang von 11,3 Prozent – auch das sind Zahlen, die im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 kaum Gehör finden.Die im Januar 2024 in Kraft getretene Novelle zum Gebäudeenergiegesetz fordert, dass neu installierte Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Wärmepumpen erfüllen diese Anforderung und werden daher staatlich gefördert. Das kritisieren vor allem die Union, die FDP sowie die AfD. Was sie dabei meist unerwähnt lassen: Effiziente Wärmepumpen senken die Heizkosten erheblich: Bei einer Jahresarbeitszahl von 4 können sie bis zu 38 Prozent günstiger sein als Gasheizungen. Selbst weniger effiziente Modelle bieten Kostenvorteile. Langfristig profitieren Haushalte von niedrigeren Betriebskosten und reduzieren gleichzeitig ihren CO₂-Ausstoß.Auch interessant: Heizungsgesetz: CDU-Pläne würden „Situation verschlimmern“, warnen ExpertenTrotz all dieser Vorteile gibt es politische Hürden. Staatliche Förderungen setzen oft auf teure Lösungen, die nicht für alle geeignet sind. Wärmepumpen funktionieren in einigen Altbauten ohne zusätzliche Sanierung beispielsweise weniger effizient. Strenge Umweltauflagen empfinden viele als finanzielle Last, ungeachtet der seltener erwähnten finanziellen Vorteile, die ebenfalls dadurch entstehen. Das führt zu Widerstand und bremst Fortschritte aus.Die Ablehnung grüner Politik beeinflusst Wahlen. Rechtspopulistische Parteien gewinnen Unterstützung, indem sie Klimaschutz als Bedrohung für wirtschaftliche Stabilität darstellen. So kann sich selbst Alice Weidel, die Kanzlerkandidatin der AfD, vor das versammelte Publikum von Talkshows, Duellen sowie Quadrellen stellen und im großen Stil plumpe Lügen erzählen, ohne dass es ihren Umfragewerten schadet.Denn: Neben Fragen der Migration sorgt in Deutschland auch die Unzufriedenheit mit hohen Energiekosten und strengen Gesetzen für politische Spaltung. Klimapolitik muss wirtschaftliche Realitäten berücksichtigen, um breite Akzeptanz zu finden. Dass die Vorteile des Klimaschutzes einfach und persönlich vermittelt werden müssen, „haben viele noch nicht verstanden“, so Quaschning. Wenn Klimaschutz als wirtschaftlicher Gewinn dargestellt wird, engagieren sich mehr Menschen und echter Wandel wird möglich – so zumindest die Hoffnung.Quelle: LinkedIn/Volker Quaschning; Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme; ReutersSeit dem 24. Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Hier kannst du den Betroffenen helfen.Du willst mehr von uns lesen? Folge uns auf Google News.